Jordanvirus (Tomato brown rugose fruit virus ToBRFV) an Tomaten und Paprika
Jordanvirus (Tomato brown rugose fruit virus ToBRFV) an Tomaten und Paprika
Bei diesem erstmalig 2016 in Jordanien beschriebenen Virus handelt es sich um einen potentiellen Unionsquarantäneschädling, welcher derzeit über Notmaßnahmen gemäß Artikel 30 der Verordnung (EU) 2016/2031 geregelt ist. Die Durchführungsverordnung (EU) 2020/1191 über Maßnahmen zum Schutz der Union gegen die Einschleppung und Ausbreitung des Tomato brown rugose fruit virus (ToBRFV) legt fest, dass die Einschleppung und Verbringung von ToBRFV in die bzw. innerhalb der Union ist verboten. Bereits der Verdacht eines Auftretens sowie die Kenntnis von einem Auftreten in Thüringen ist unverzüglich dem TLLLR zu melden.
In Deutschland trat das Virus erstmals 2018 in Nordrhein-Westfalen auf. Auch in Thüringen wurde bereits Verdacht auf Befall gemeldet und bestätigt. Die Ausbreitungsgefahr wird vom Julius-Kühn-Institut (JKI) als hoch eingeschätzt.
Schadbild
Hervorgerufenen Symptome sind meist nicht eindeutig zuzuordnen und teilweise in ihrer Ausprägung sortenabhängig. An Tomaten führt das Virus zunächst an den oberen Blättern zu blasigen Aufwölbungen zwischen den Blattadern und zu einem verringerten Zuwachs. Weiterhin bleiben Blätter teils kleiner mit späterer Chlorose-, Mosaik- und Fleckenbildung. Gelegentlich kommt es auch zum Welken der gesamten Pflanze. An den Früchten zeigen sich gelbe oder braune Flecken mit runzeligen Veränderungen und Nekrosen. Sie können deformiert sein und unregelmäßige Reifung aufweisen. Bei Paprika sind Verformungen, Gelbfärbung und Mosaik die Symptome der Blätter. Paprikafrüchte sind verformt, mit gelben oder braunen Bereichen oder grünen Streifen. Da andere Viren ähnliche Symptome verursachen, lässt sich ein Verdacht nur durch Labordiagnose bestätigen.
Biologie
Hauptwirtspflanzen sind Tomaten unter Glas. Außerdem befallen werden Paprika und Aubergine. Weiterhin könnten unter anderem Schwarzer Nachtschatten, Garten-Petunien sowie verschiedene Tabakarten als Virusreservoir dienen. Über winzig kleine Verletzungen dringt das Virus in die Pflanze ein und wird dort in großen Mengen reproduziert: Wie auch andere wichtige Viren an Fruchtgemüse, gehört das ToBRFV zur Gruppe der Tobamoviren. Diese sind sehr stabil und können lange ohne ihren Wirt in Pflanzenresten, Nährlösungen, Erde sowie an Geräten, Transportmaterial und Kleidung überleben. ToBRFV gilt als saatgutübertragbar und ist mechanisch von Pflanze zu Pflanze, mit der Nährlösung oder auch durch Hummeln übertragbar. Eine Einschleppung in den Betrieb erfolgt meist mit dem Saatgut, Jungpflanzen, befallenen Früchten aus dem Handel oder verseuchten Kisten, Maschinen und Geräten. Aufgrund der leichten mechanischen Übertragbarkeit kann es dann sehr schnell innerhalb des Bestandes weiterverbreitet werden.
Überwachung und Bekämpfung
Es sollte alles dafür getan werden, das Virus nicht in den Betrieb einzuschleppen. Meist zeigen befallene Jungpflanzen noch keine Symptome, sie können das Virus jedoch bereits in sich tragen (latent). Deshalb darf ausschließlich Saat- und Pflanzgut verwendet werden, das von einem Pflanzenpass begleitet ist und somit die Anforderungen der DVO (EU) 2020/1191 erfüllt. Vor Betreten der Gewächshäuser sind Hände und Schuhe (Bodendesinfektionsmatten) zu desinfizieren. Außerdem sollten keine Tomaten- oder Paprikafrüchte von den Mitarbeitern in den Betrieb mitgebracht werden.
Viren sind nicht direkt bekämpfbar, deshalb ist es besonders wichtig, bei Pflegearbeiten die leichte mechanische Übertragung durch Werkzeuge, Hände usw. zu unterbinden. Hierbei sollten Desinfektionsmittel auf Basis von Benzoesäure (z. B. Menno Florades, Enno Rapid) zum Einsatz kommen. Test haben ergeben, dass Alkohol gegen Tobamoviren nicht ausreichend wirkt. Des Weiteren sollten besser noch Handschuhe getragen werden, da sie sich leichter desinfizieren lassen als die bloßen Hände. Nach Kulturende sind ebenfalls alle Stellflächen oder Materialien, welche Kontakt mit den Pflanzen hatten, zu reinigen und im Anschluss zu desinfizieren. Dabei bietet eine Applikation des Desinfektionsmittels als Schaum Vorteile, z. B. durch eine längere Einwirkdauer oder eine bessere Sichtbarkeit der bereits behandelten Fläche.