Ceratitis capitata
Erstnachweis Europa: vermutlich Mitte des 19. Jahrhundert (Iberische Halbinsel)
Erstnachweis Deutschland: 1934 (Hessen)
Herkunft: östliches Subsahara-Afrika; vermutlich Kenia
Ausbreitungsmodus: internationaler Handel, lokal durch natürlichen Flug
Angabe zur Quarantäneeinstufung: kein Quarantänestatus
Aussehen:
Die adulten Fruchtfliegen sind 3,5 – 5,5 mm lang und bunt marmoriert. Die Flügel besitzen gelbliche Flügelmale und eine typische, leicht zu erkennende Zeichnung auf dem vorderen Drittel. Die Männchen haben im Gegensatz zu den Weibchen eine Augenbürste.
Die Larven sind 7 – 9 mm lang und besitzen das typische Erscheinungsbild einer Made. Eine morphologische Unterscheidung von anderen Bohrfliegenarten ist kaum möglich. Die Puppen sind ca. 4 mm lang, zylindrisch und dunkel rötlich-braun gefärbt.
Abbildung 1: Weibchen der Mittelmeerfruchtfliege. Foto: Gabriele Kemus
Abbildung 2: Männchen mit markanter "Augenbürste“. Foto: Gabriele Kemus
Verwechslungsmöglichkeiten:
Aufgrund der Kombination aus bunter Marmorierung und arttypischer Zeichnung der Flügel und des Rückenschildes ist eine Verwechslung mit anderen in Deutschland vorkommenden Bohrfliegen bei genauerer Betrachtung praktisch ausgeschlossen.
Lebenszyklus und Phänologie:
Der Lebenszyklus der Mittelmeerfruchtfliege ist stark von der Temperatur und der verfügbaren Nahrungsquelle abhängig. Die Eiablage beginnt ab einer Temperatur von 16 °C und ist optimal bei 24 – 26 °C. Harte oder halbreife Früchte werden für die Eiablage bevorzugt. Die Weibchen legen im Durchschnitt 300 Eier, können bei optimalen Bedingungen jedoch bis zu 1000 Eier legen. Fallen die Temperaturen unter 10 °C, stagniert die Entwicklung von Eiern, Larven und Puppen. Die geschlüpften Larven durchlaufen drei Stadien, wobei das letzte Larvenstadium die Frucht verlässt, um sich im Boden zu verpuppen. Etwa fünf Tage nach dem Schlupf der Adulten findet die Paarung statt. Ein vollständiger Entwicklungszyklus dauert je nach Temperatur 21 bis 30 Tage und in Deutschland schafft die Mittelmeerfruchtfliege im Durchschnitt zwei Generationen pro Jahr. Bei Temperaturen unter 0 °C ist die Überlebensfähigkeit der Larven und Eier gleich null, weshalb sie in Deutschland vermutlich nicht überwintern kann.
Wirtsspektrum:
Die Mittelmeerfruchtfliege besitzt ein breites Wirtsspektrum mit über 260 bekannten Arten, tritt aber hauptsächlich als Obstschädling auf. Bevorzugt werden vor allem dünnhäutige und im reifen Zustand saftige Früchte. In Deutschland sind das vor allem Pfirsich, Apfel, Birne, Aprikose und Kirsche.
Schadbild:
Befallene Früchte lassen sich zu Beginn anhand der punktförmigen Eiablage-Einstichstellen erkennen. Später entstehen die Schäden durch den Minierfraß der Larven sowie einen sekundären Befall mit Pilzen und Bakterien. Insgesamt kommt es zu einer breiartigen Verflüssigung des Fruchtgewebes, welches dadurch ungenießbar wird.
Abbildung 3: Vermadete Pfirsiche. Foto: Anne Reißig (LTZ)
Wirtschaftliche Bedrohung:
Die Mittelmeerfruchtfliege verursacht große wirtschaftliche Schäden weltweit und gilt in vielen Drittländern als Quarantäneschädling. Durch die hohe Anzahl an Eiern pro Weibchen und die unter günstigen Bedingungen dichte Generationenfolge, können sich rasch große Populationen bilden. Da befallene Früchte nicht mehr vermarktungsfähig sind, droht bei Befall ein Totalausfall.
Aktueller Stand des Schadens für Deutschland:
Große wirtschaftliche Schäden im heimischen Obstbau gab es in der Vergangenheit lediglich dann, wenn es zuvor in Exportnationen von Früchten zu Massenausbrüchen gekommen ist. So zum Beispiel 1955 geschehen, als massenhaft vermadete Früchte aus Spanien und Israel importiert wurden und die geschlüpften Fliegen schließlich Anlagen mit Pfirsichen, Aprikosen, Birnen und Äpfeln befallen haben. Durch Bekämpfungsmaßnahmen in den exportierenden und Quarantänemaßnahmen in den importierenden Ländern konnte dieses Problem jedoch größtenteils beseitigt werden. In Deutschland findet derzeit nach aktuellem Kentnissstand keine Überwinterung statt, wodurch es lediglich zu lokalen Schäden nach Einschleppungen kommt. Daher spielt C. capitata derzeit in Deutschland wirtschaftlich keine Rolle, was sich im Zuge des Klimawandels jedoch ändern könnte.
Aktueller Stand der Verbreitung in Deutschland:
Die Mittelmeerfruchtfliege ist in Deutschland nicht etabliert. Nach Einschleppung einzelner Individuen durch den Handel kommt es zu jedoch regelmäßig zu lokalen, saisonalen Verbreitungen.
Eine aktuelle Verbreitungskarte ist auf der Website des LTZ Augustenberg hinterlegt (siehe weiterführende Links).
Natürliche Gegenspieler:
Die Deutsche Wespe (Vespula germanica) als generalistischer und heimischer Räuber tritt als Gegenspieler der Mittelmeerfruchtfliege auf. Dabei nutzt sie die Sexualpheromone der Männchen, um diese aufzuspüren und zu fressen. Auch Brackwespen der Gattung Opius sp. sind wichtige natürliche Gegenspieler der Mittelmeerfruchtfliege. In zahlreichen Obstbaugebieten der Welt tritt zudem die polyphage parasitoide Schlupfwespe Pachycrepoideus vindemiae auf, die neben der Mittelmeerfruchtfliege auch Puppen der Kirschessigfliege Drosophila suzukii und anderer Fliegenarten befällt.
Danksagung
Die Untersuchungen des LTZ Augustenberg zur Ausbreitung und Biologie der Mittelmeerfruchtfliege wurden im Rahmen des Verbundsprojekts „ProgRAMM“ durchgeführt. Die Förderung des Vorhabens erfolgte aus Mitteln des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) aufgrund eines Beschlusses des deutschen Bundestages. Die Projektträgerschaft erfolgte über die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) im Rahmen des Programms zur Innovationsförderung.
Weiterführende Links:
ProgRAMM: https://ltz.landwirtschaftbw.de/pb/,Lde/Startseite/Arbeitsfelder/ProgRAMM
EPPO: https://gd.eppo.int/taxon/CERTCA
CABI: https://www.cabi.org/isc/datasheet/12367