Nezara viridula
Ersteinschleppung Deutschland: 1979 (Köln)
Herkunft: Ostafrika
Ausbreitungsmodus: Warenhandel; lokal durch eigenen Flug
Angabe zur Quarantäneeinstufung: kein Quarantänestatus
Aussehen:
Die Adulten sind 11,5 – 16,5 mm lang und während der Vegetationsperiode einheitlich grün gefärbt, wobei auch Farbvariationen mit hellen oder orangenen Anteilen vorkommen können. Zur Überwinterung verfärben sich die Wanzen zudem häufig dunkelgrün bis braun. Zur sicheren Diagnose können 3 helle Punkte auf dem vorderen Teil des Rückenschilds herangezogen werden, die rechts und links von jeweils einem schwarzen Punkt flankiert werden.
Die Nymphen durchlaufen 5 Entwicklungsstadien, die sich in ihrer Erscheinung stark voneinander unterscheiden können. Durch verschiedene bunte Flecken, die vor allem auf dem Hinterleib liegen, sind sie jedoch sehr auffällig und heben sich stark von allen anderen bei uns vorkommenden Baumwanzenarten ab.
Die Eigelege sind, je nach Entwicklungsfortschritt, gelb bis orange und werden in der Regel auf der Blattunterseite abgelegt. Mit über 100 Eiern pro Gelege sind sie zudem für Baumwanzen ungewöhnlich umfangreich.
Abbildung 1: Adulte Grüne Reiswanze mit Eigelege. Foto: Olaf Zimmermann (LTZ)
Abbildung 2: Nymphen der Grünen Reiswanze. Foto: Olaf Zimmermann (LTZ)
Verwechslungsmöglichkeiten: (Foto mit Kommentar)
N. viridula kann auf den ersten Blick leicht mit der heimischen Grünen Stinkwanze (Palomena prasina) verwechselt werden. Dieser fehlen jedoch die zuvor angesprochenen Punkte auf dem Rückenschild und die Membran der Vorderflügel ist braun statt transparent.
Abbildung 3: Vergleich von P. prasina (links) und N. viridula (rechts). Fotos: Olaf Zimmermann (LTZ)
Lebenszyklus und Phänologie:
Die Wanze überwintert als Adulte, sucht dabei jedoch, anders als die Marmorierte Baumwanze (Halyomorpha halys), nicht die Nähe des Menschen. Die Überwinterung findet daher eher geschützt in Ritzen, unter Baumrinde oder unter gefallenem Laub statt. Bei steigenden Temperaturen im Frühjahr verlassen sie ihr Winterversteck und beginnen ca. ab Mai mit der Paarung, sodass erste Eiablagen ab Mitte Mai zu finden sind. Damit findet sie etwa 1 – 2 Wochen früher als bei der Marmorierten Baumwanze statt (Hyperlink zur Infothek-Seite). Insgesamt legt die Grüne Reiswanze über 100 Eier ab. Neue Adulte sind ab Mitte Juli zu beobachten. Sowohl nördlich als auch südlich der Alpen können die Wanzen eine zweite Generation durchlaufen. Bei kürzer werdenden Tageslängen im Herbst, es wird von ca. 12,5 h ausgegangen, beginnen die Wanzen schließlich mit dem Einleiten der Winterruhe. Dies lässt sich zuerst an der zuvor beschriebenen Umfärbung der Adulten erkennen.
Abbildung 4: Phänologie der Grünen Reiswanze. Grafik: Olaf Zimmermann (LTZ)
Abbildung 5: Lebenszyklus der Grünen Reiswanze. Grafik: Olaf Zimmermann (LTZ)
Wirtsspektrum:
Die Grüne Reiswanze ist stark polyphag und saugt an Blättern und Früchten von Pflanzenarten aus allen Kulturbereichen. Sie ist zudem urban an Bäumen, in Hausgärten und an Balkonbegrünung zu finden. Einige wichtige Kulturen sind im Folgenden aufgelistet:
- Obstfrüchte: Apfel, Birne, Kirsche, Himbeere, Johannisbeere, Brombeere
- Ackerfrüchte: Soja, Bohnen, Mais, Kartoffel, Tabak
- Gemüse: Tomaten, Paprika, Aubergine, Gurke
- Zierpflanzen/Zwischenfrüchte/Kräuter: Hibiskus, Sonnenblume, Flieder, Malven, Rosmarin
Schadbild:
Lokal tritt die Grüne Reiswanze in Gruppen mit mehreren Individuen auf. Das Schadbild kann mit dem der heimischen Rotbeinigen Baumwanze (Pentatoma rufipes) verwechselt werden und ist von dem der Marmorierten Baumwanze nicht zu unterscheiden.
- Obst: Die frühen Saugschäden verwachsen zu Verformungen oder Einschnürungen. Saugschäden an reifenden Früchten sind von außen schwer zu erkennen und es bilden sich braune Stellen unter der Schale.
- Gemüse: Bei Paprika und Tomate wirkt das angestochene Gewebe weißlich und schwammig.
Abbildung 6: Schadbild an Bohne. Foto: Anne Reißig (LTZ)
Wirtschaftliche Bedrohung:
Von N. viridula angestochenes Obst und Gemüse ist nicht mehr vermarktungsfähig und ein starker Befall kann daher zu Totalverlust führen. Dies ist vor allem im Geschützten Anbau eine Bedrohung, wenn sich die Wanzen unkontrolliert vermehren. Bei Strauchbeeren wie Himbeeren ist der Schaden optisch kaum zu erkennen, die Früchte schmecken aber bitter „nach Wanze“ und sind daher ebenfalls nicht mehr vermarktungsfähig. Aus der Schweiz und Italien wurden bereits 2014 wirtschaftlich relevante Schäden in seitdem zunehmender Höhe gemeldet. In Österreich treten Schäden bisher lediglich im Geschützten Anbau auf.
Aktueller Stand des Schadens für Deutschland:
Aus dem Raum Lörrach wurden erstmals 2015 Schäden in Gemüse gemeldet und wenig später wurden auch Schäden an Strauchbeeren entlang des Rheins bis nach Offenburg bekannt. Seit 2020 haben auch einzelne Betriebe in NRW mit signifikanten Schäden durch die Grüne Reiswanze zu kämpfen.
Aktueller Stand der Verbreitung in Deutschland:
Obwohl die Grüne Reiswanze seit 1979 in Deutschland vorkommt, kam es erst in den letzten Jahren zu einer starken Ausbreitung vor allem entlang des Rheingrabens, wo sie mittlerweile flächendeckend vorkommt. Da die Grüne Reiswanze deutlich empfindlicher als die Marmorierte Baumwanze auf strenge Winter reagiert, kommen ihr die zunehmend milden Winter dabei sehr entgegen. Besonders kalte und nasse Frühjahre wie 2021 führen zu einem Einbruch der Population. Durch einzelne Einschleppungsereignisse konnten sich jüngst auch Populationen in Norddeutschland bilden. Ob sich diese langfristig halten können, muss allerdings in den Folgejahren beobachtet werden.
Bekämpfungsmaßnahmen
Derzeit sind in Deutschland keine effektiven Insektizide mit einer Indikation gegen Wanzen dauerhaft zugelassen. Eine chemische Bekämpfung ist daher lediglich über den Weg einer jährlich neu zu erteilenden und zeitlich begrenzten Notfallzulassung möglich, wodurch es keine Planungssicherheit geben kann. Das Einnetzen von Kulturen im Freiland und das Verschließen bzw. Abschotten von Eintrittspforten in Gewächshäusern ist daher aktuell die einzige dauerhafte Möglichkeit, die Kulturen vor der Wanze zu schützen. Der Erfolg hängt dabei jedoch stark von der Sorgfältigkeit der Maßnahmen ab, die zudem hohe Kosten bzw. Aufwand mit sich bringen.
Natürliche Gegenspieler:
Eiparasitoide der Art Trissolcus basalis (Parasitoide Hymenopteren, „Schlupfwespen“) sind natürliche Gegenspieler der Grünen Reiswanze. Zudem wurden bereits parasitoide Raupenfliegen (Tachiniden) aus der Gattung Trichopoda in Italien freigelassen. Sie parasitieren die Grüne Reiswanze und breiten sich auf natürlichem Weg bis nach Deutschland aus.
Danksagung
Die Untersuchungen des LTZ Augustenberg zur Ausbreitung und Biologie der Grünen Reiswanze wurden im Rahmen des Verbundsprojekts „ProgRAMM“ durchgeführt. Die Förderung des Vorhabens erfolgte aus Mitteln des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) aufgrund eines Beschlusses des deutschen Bundestages. Die Projektträgerschaft erfolgte über die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) im Rahmen des Programms zur Innovationsförderung.
Weiterführende Links:
ProgRAMM: https://ltz.landwirtschaft-bw.de/pb/,Lde/Startseite/Arbeitsfelder/ProgRAMM