Tierische Schädlinge – Etabliert sich die Grüne Reiswanze weiter im regionalen Gemüseanbau?
Aktuelle Informationen aus dem Breisgau-Hochschwarzwald vom 15.10.2018
Der Gemüsebauexperte im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald A. Altmann nimmt heute Stellung zum regionalen Problem "Grüne Reiswanze".
Die Grüne Reiswanze (Nezara viridula) ist zunehmend ein Problem in verschiedenen Gemüsearten, vor allem Fruchtgemüse. Dieser Schädling mit unklarer Herkunft aus den Subtropen hat über den Mittelmeerraum vor etwa 10 Jahren den Weg an den Oberrhein gefunden. Da Nezara bei uns keine natürlichen Feinde hat, kann sie sich hier ungehemmt vermehren. Die Bekämpfung ist schwierig. Mittel wie Calypso oder Karate Zeon haben zwar eine erkennbare Wirkung, töten aber auch die meisten Nützlinge. Nach einer Behandlung gegen Wanzen können deshalb Spinnmilben, Thrips oder Blattläuse überhandnehmen. Das passiert nicht nur im Gewächshaus, wo für teuer Geld Nützlinge eingesetzt wurden, sondern auch in Freilandkulturen, wo zahlreiche sechs- und achtbeinige freiwillige Helfer - meist unbemerkt - ihre Arbeit verrichten. Wanzenbefall stellt den Anbauer also vor eine Wahl wie die zwischen Pest und Cholera.
Nun gibt es einen kleinen Hoffnungsschimmer. Im Kreis Lörrach wurde in einem von Reiswanzen besiedelten Stangenbohnenbestand ein Gegenspieler gefunden. Dieser heißt Trichopoda pennipes, gehört zu den Raupenfliegen (Tachinidae) und stammt ursprünglich aus Nordamerika. In den 80ern wurde er unabsichtlich nach Italien eingeschleppt und lebt inzwischen in vielen Mittelmeerländern. Trichopoda klebt ihre Eier an die Wanzen. Die daraus schlüpfenden Maden dringen in diese ein und entwickeln sich in deren Körper. Die Wanze stirbt, wenn die ausgewachsene Made sich aus ihrem Wirt bohrt, um sich im Boden zu verpuppen. Die Fliege hat vermutlich mehrerer Generationen pro Jahr. Die Maden der letzten Generation entwickeln sich im Herbst nicht vollständig, sondern lassen sich von ihrem Wirt in dessen Winterquartier bringen. Erst im Frühjahr, wenn die Wanze wieder aktiv wird, setzt die Made ihre Entwicklung fort. Überall dort, wo Reiswanzen den Winter überstehen, gelingt das also auch Trichopoda.
Die Fliegen sind an warmen Tagen auch jetzt noch zu beobachten. Sie sind etwa 1 cm lang mit orangefarbenem Hinterleib und dunkel gefärbten Flügeln. Charakteristisch sind die zweizeilig behaarten Schienen der Hinterbeine. Diese sehen dadurch aus wie Federn (englischer Name „feather-legged fly“, auf Badisch „Federfußfliege“). Auch die grau-weißen Eier an den Wanzen sind gut mit bloßem Auge zu erkennen.
Da die Fliege bereits 2017 in der Nähe des aktuellen Fundortes aufgetaucht war, etabliert sie sich wohl gerade bei uns. Wie groß ihr Potenzial für die Regulierung der Reiswanze tatsächlich ist, muss sich zeigen. Und selbst, wenn sie diese unter Kontrolle bringen sollte, steht mit der Marmorierte Baumwanze (Halyomorpha halys) das nächste Wanzenproblem vor der Tür.