Sachkunde – Schutz von Vorräten
Wichtige Informationen vom Regierungspräsidium Stuttgart vom 17.01.2023
Ein besonderes Problem in gelagerten Vorräten sind Mäuse und Ratten. Sie haben es eher auf verarbeitetes Getreide abgesehen, können aber auch im Getreidelager großen Schaden durch ihren Fraß anrichten. Ebenso bedeutend ist die Verunreinigung des Getreides durch Urin und Kot und die Übertragung verschiedenster Krankheitserreger auf Mensch und Tier. Ihr Auftreten kann bei Kontrollen anhand von Kot, Fraß- und Laufspuren gut erkannt werden. Schon bei den ersten Hinweisen sollte reagiert werden, um eine Vermehrung der Nager zu verhindern.
Das einzige noch zugelassene Pflanzenschutzmittel für den Schutz von Vorratsgüter vor Hausmäusen ist „Ratron Giftlinsen“ mit dem Wirkstoff Zinkphosphid. Das Mittel kann in manipulationssicheren Köderstationen im Innen- und Außenbereich ausgelegt werden. Die Stationen müssen regelmäßig auf Fraßspuren kontrolliert werden, bis keine Annahme mehr erfolgt.
Zur Bekämpfung von Ratten stehen nur noch Biozidprodukte zur Verfügung. In Deutschland werden zunehmend Resistenz gegen Blutgerinnungshemmer der ersten Generation festgestellt, insbesondere in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Bei Resistenznachweis sollten nur noch Köder mit Blutgerinnungshemmern der zweiten Generation, z. B. mit den Wirkstoffen Brodifacoum, Difethialon und Flocoumafen, zum Einsatz kommen. Diese sind jedoch deutlich giftiger, so dass Haus- und Wildtiere durch Aufnahme der Köder oder vergifteter Beute zu Schaden kommen können.
Alternative Mittel mit dem Wirkstoff Cholecalciferol (Harmonix Rodent Paste, Selontra u.a.) wirken auch gegen resistente Ratten ohne Gefahr durch vergiftete Beute. Nach Aufnahme kommt es nach ca. 24 Stunden zu einem Fraßstop. Die Anreicherung von Calcium im Blut führt zu einer „Organverkalkung“ und ca. drei Tage nach Aufnahme einer letalen Dosis zum Tod. Für eine ausreichende Aufnahme ist eine Ausbringung mit genügend Köderstellen und Ködermaterial wichtig. Ein Aufstellen von Fallen ist bei geringem oder zusätzlich bei starkem Befall sinnvoll.
Vor Beginn der Bekämpfung sollten alle Futterquellen verschlossen werden. Die Köder sind im Innen- und Außenbereich in Köderstationen zu platzieren. Geschlossene Kabeltrassen oder Rohrleitungen, Hohlräume in Wänden und Wandverkleidungen, Mauerdurchbrüche, Versorgungs- und Installationsschächte, können mit Schäumen versehen werden. Die Stationen sind so nah wie möglich an Schlupfwinkeln, Fraßstellen und Laufwegen einzurichten und mit den vorgeschriebenen Warnhinweisen zu versehen.
Hinweise zur Wahl der Standorte und der Anzahl der Köderstationen sind in der Gebrauchsanleitung zu finden. Der Köder muss attraktiver sein als die Vorräte. Bei Akzeptanzproblemen ist der Köder zu wechseln. Die Stationen sind zu Beginn der Beköderung möglichst nach 2 bis 3 Tagen, anschließend wöchentlich zu kontrollieren. Verendete Ratten und Mäuse sind ordnungsgemäß zu entsorgen, damit es zu keinen Sekundärvergiftungen bei Katzen, Hunden und anderen Tieren kommt. Beim Auslegen der Köder, Ausbringen von Schäumen und beim Entfernen toter Tiere sind Schutzhandschuhe zu tragen.
Die Anwendung von Bioziden ist, wie bei Pflanzenschutzmitteln, zu dokumentieren. Die Bekämpfung sollte erst beendet werden, wenn der tägliche Köderverzehr unter 5 % der maximalen Fraßmenge fällt.
Nach Abschluss der Bekämpfungsmaßnahme sind die Gebäude abzudichten, der Zugang zu Nahrung und Wasserstellen zu verhindern, Möglichkeiten zum Unterschlupf zu entfernen sowie alle Köderreste sachgerecht zu entsorgen. Durch diese Hygienemaßnahmen lässt sich ein Neubefall verzögern oder sogar vermeiden.
Weitere Informationen können dem Leitfaden „Management von Wanderratten auf landwirtschaftlichen Betrieben“ entnommen werden: https://www.julius-kuehn.de/aktuelles/aktuell/news/neuer-leitfaden-resistenzmanagement-von-ratten-in-der-praxis/
Am 01.10.2021 ist eine Änderung der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) in Kraft getreten. Für die Anwendung von Rodentiziden mit blutgerinnungshemmender Wirkung der zweiten Generation ist nun die Sachkunde nach § 15c GefStoffV erforderlich. Aufgrund einer Übergangsvorschrift nach § 25 Abs. 2 GefStoffV dürfen Landwirte mit Sachkunde Pflanzenschutz diese Rodentizide im eigenen Betrieb noch bis zum 28.07.2025 ausbringen.