Gemüsebau – Tierische Schädlinge auf dem Vormarsch
Wichtige Informationen aus dem Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald vom 27.06.2022
„Dass Pyrethroide bei Temperaturen über 23°C gar nicht wirken, ist bekannt - wir dürfen aber auch nicht vergessen, dass die Wirkung von anderen Insektiziden, von Fungiziden und Herbiziden bei großer Wärme ebenfalls abnimmt,“ so A. Altmann der Gemüsebauexperte im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald im Vorfeld seiern regioanlen Tipps. In diesem Zusammenhang gibt der Experte auch zu bedenken, dass bei systemischen Mitteln u.U. zu wenig vom Wirkstoff von der Pflanze aufgenommen wird, wenn die Spritzbrühe zu schnell antrocknet. Auch beim Einsatz von Neudosan Neu müssen die Pflanzen (genauer gesagt die Schädlinge) lange genug von einem Wasserfilm bedeckt sein, damit eine Wirkung eintritt. Manche Wirkstoffe sind außerdem UV-empfindlich. Pflanzenschutzmittel nicht bei intensiver Sonne oder Temperaturen über 25°C einzusetzen ist deshalb eine Minimalforderung.
Kohlmottenschildlaus: In vielen Kohlbeständen fällt jetzt die Kohlmottenschildlaus auf. Entscheidend bei der Bekämpfung ist, bei der Pflanzung einen großen Abstand zu befallenen Beständen einzuhalten. Wenn die Weiße Fliege dadurch den Kohl 3 Wochen später findet, durchläuft sie dort einen Vermehrungszyklus weniger. Das bedeutet etwa 20x weniger Weiße Fliege bis zur Ernte.
Aus diese Überlegung heraus ist es auch wichtig, früh mit der Bekämpfung zu beginnen. So kann sich erst gar keine große Population aufbauen. Wirksame Mittel gegen die Kohlmottenschildlaus sind Movento OD 150 (zugelassen in allen Kohlarten außer Rosenkohl), Teppeki (Kopf- und Rosenkohl), Minecto One (Kopf-, Rosen-, Blumenkohl und Brokkoli) oder Mospilan SG (alle Kohlarten außer Blattkohle). Abgesehen vom vollsystemischen Movento OD 150 sollten bei der Behandlung mit diesen Mitteln alle Blätter getroffen werden. Um Resistenzbildung bei der Kohlmottenschildlaus zu vermeiden, müssen die Wirkstoffgruppen unbedingt abgewechselt werden!
Wenn man die Blätter rundherum benetzt, lassen sich auch mit Neudosan, Eradicoat oder anderen Kontaktmitteln hohe Wirkungsgrade erzielen. Da Neudosan und Eradicoat vor allem die festsitzenden Stadien treffen, sind hier etwa drei Behandlungen im Abstand von fünf bis sieben Tagen erforderlich – so lange, bis die Adulten keine neuen Eier mehr ablegen. Das empfiehlt sich bei starkem Befall für alle Mittel.
Kohlerdfloh: Die Kohlerdflöhe waren in dieser Saison bisher sehr zurückhaltend. Zumindest regional scheint mit der Wärme auch ihre Zahl zugenommen zu haben. Möglicherweise ist das schon die neue Generation an Käfern. Sie können mit Minecto One, Mospilan SG, Coragen oder SpinTor bekämpft werden. SpinTor sollte bei gut mit Wasser versorgten Pflanzen abends gespritzt werden, damit der Wirkstoff gut aufgenommen wird. Bei niedrigen Temperaturen wirken auch Pyrethroide, leider auch gegen alle Nützlinge.
Blattläuse: Dass der Druck durch Große Johannisbeerlaus in Salat deutlich abgenommen hat, ist zum Teil der Hitzewelle zu verdanken, hauptsächlich aber wohl zahlreichen Nützlingen. Auch die Gurkenläuse, die vor allem an Melone, Kürbis und Gurke sich angesiedelt hatten, werden jetzt stark von Marienkäfern, Schwebfliegen, Schlupfwespen und Co. dezimiert. Parasitierung macht auch in vielen Kohlbeständen eine Bekämpfung der Mehligen Kohlblattlaus überflüssig.
Raupen: Immer wieder gibt es in Beständen von Paprika, Gurke oder Tomate nesterweise Fraß durch Eulenraupen. Auch Salat sollte auf Raupen kontrolliert werden. In einzelnen Fällen fraßen junge Raupen, wahrscheinlich der Gammeule; an über 10 % der Pflanzen. Wo keine Blattläuse mehr zu finden sind, kann die Bekämpfung selektiv und nützlingsschonend mit XenTari, Dipel DF oder Steward (Aufbrauchfrist 19.09.2022) geschehen.
In Kohl gab es in den vergangenen beiden Wochen viel Eiablage durch den Kleinen Kohlweißling. Es sind aber kaum Raupen zu sehen, möglicherweise war es ihnen zu heiß. Häufig gibt es jedoch Befall mit der sehr wärmeliebenden Kohlmotte. Diese wird bei uns in der Regel gut von Schlupfwespen (i.d.R. Diadegma semiclausum) kontrolliert, so dass ab Anfang/Mitte Juli kaum noch welche zu finden sind. Das funktioniert aber nur, wenn man im Frühsommer einen leichten Befall toleriert, so dass sich die Gegenspieler vermehren können. An den Kokons der Kohlmotte kann man gut erkennen, wie hoch der Parasitierungsgrad ist. Gezielt bekämpfen sollte man die Kohlmottenraupen aber, wenn sie in großer Zahl Blätter durchlöchern oder bei einsetzender Blumen- oder Kopfbildung zwischen den Herzblättern fressen. Hier reichen schon wenige Raupen für einen Totalschaden.
Seit etwa zwei Wochen zeigen die Pheromonfallen eine erhöhte Aktivität der Lauchmotte. Jetzt schlüpft das Gros der Raupen und Kontrollen in den Beständen sollten durchgeführt werden. Der Bekämpfungsrichtwert liegt im Sommer bei 8% befallene Pflanzen. Bei dessen Überschreitung sollte behandelt werden. DiPel DF, Dipel ES, XenTari und NeemAzal-T/S gelten als nützlingsschonend. SpinTor schädigt auch Nützlinge, aber nur kurzfristig. Dagegen haben die Pyrethroide Cyperkill Max oder Karate Zeon einen langanhaltenden negativen Effekt auf Nützlinge. Ihre Anwendung kann deshalb Probleme mit Thrips nach sich ziehen, weil sie diese weniger stark schädigen als deren Gegenspieler.
Thrips: Schäden durch Thrips in Lauch und Zwiebeln nehmen seit einigen Tagen deutlich zu. Das lässt sich mit Pflanzenschutzmittel kaum verhindern: Bei den Verursachern handelt es ich wahrscheinlich um Tiere, die aus reifendem Getreide abwandern. Sie stechen probeweise Zwiebeln und Lauch an und wandern weiter, wenn sie ihren Irrtum bemerken. Jeder einzelne Thrips hält sich zu kurz auf der Pflanze auf, als dass ein Insektizid Wirkung zeigen könnte. In der Summe entstehen aber genug Saugstellen, um das Blatt zu schädigen. Wo möglich, lässt sich der Thripsbefall durch häufiges Beregnen auf ein erträgliches Maß reduzieren. Außerdem erholen sich die Bestände so schneller wieder.