Gemüsebau – „Kirschen grün – Damm abzieh’n“, heißt es dieses Jahr für viele Spargelanlagen
Wichtige Informationen aus dem Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald vom 13.05.2020
A. Altmann, renommierter baden-württembergischer Gemüsebauexperte mit Dienstsitz im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald, weist in seinem aktuellen Warndienst auf die aktuelle Situation im Spargelanbau hin, berichtet über den Zuflug von tierischen Schädlingen in die Gemüsebestände und zeigt ob Behandlungen tatsächlich notwendig sind und wie Schädlinge im Profianbau bekämpft werden können.
Spargel: Kirschen grün – Damm abzieh’n, heißt es dieses Jahr für viele Spargelanlagen im Vollertrag. Die knappe Verfügbarkeit von Erntekräften ist der Grund dafür, dass die Ernte auf vielen Flächen vorzeitig beendet wird.
Ob der Spargel die zusätzlichen Wachstumstage ausnutzen kann, wird die aktuelle Pflanzengesundheit und die zurückliegenden Menge an Niederschlägen entscheiden. Örtlich spielt dabei die Spargelfliege eine wichtige Rolle. Deren Flug ist zum üblichen Ernteende Mitte Juni vorüber. Das in den Mai vorgezogene Ernteende fällt dagegen mit dem Höhepunkt der Eiablage der Spargelfliege zusammen. Anlagen, die vor Anfang Juni aus der Ernte genommenen werden, sollten in gefährdeten Lagen geschützt werden. Zur Verfügung stehen Benevia (Notfallgenehmigung bis 29.07.2020, 1 Anwendung mit 750 ml/ha bis 3 Wochen vor zu erwartendem Blühbeginn) und Rogor 40 LC, Danadim Progress u. a. Dimethoat-Mitteln (Aufbrauchfrist bis 30.06.2020). Achtung: Beide Mittel sind bienengefährlich!
Als Herbizide nach dem Stechen kann z. B. Sencor Liquid+Spectrum (0,3+0,7-0,9 Liter/ha) eingesetzt werden. Ist viel Windenknöterich, Vogelmiere oder Klettenlabkraut zu erwarten, sollte 0,2 Liter/ha Centium 36 CS zugegeben werden. Artist deckt das Wirkungsspektrum der Mischung aus Spectrum und Sencor Liquid ab, wirkt aber nur bei feuchtem Boden.
Die Gesamtaufwandmenge erlaubt etwa 4 Wochen später eine Unterblatt-Behandlung mit Sencor Liquid+Spectrum (0,3+0,5-0,7 Liter/ha). Gegen bereits aufgelaufene Unkräuter kann Buctril (0,5 Liter/ha) zugefügt werden.
Mehr als 0,7 Liter/ha Spectrum sollte nur bei anhaltend wüchsiger Witterung gespritzt werden, sonst sind Schäden möglich. Bei optimalen Bodenverhältnissen (feucht, abgesetzt) reichen 0,5 Liter/ha für eine gute Wirkung.
Solange der Spargel noch keine Phyllokladien („Nadeln“) ausgebildet hat, werden die genannten Kombinationen i.d.R. gut vertragen, auch wenn die Triebe getroffen werden. Allerdings sind Schäden durch Einwaschung dann möglich wenn nach der Spritzung viel Regen fällt.
Sollen die Gassen im Sommer eingesät werden sollen, dürfen nur die Reihen behandelt wer-den. Die Aufwandmengen der Herbizide sind dann entsprechend der tatsächlich behandelten Bodenoberfläche zu reduzieren.
Tierische Schädlinge in anderen Kulturen
Möhrenfliege: Nach dem Regen wird die bisher geringe Aktivität der Möhrenfliege ansteigen. In bekannten Befallslagen kann gegen Ende der laufenden Woche sogar eine Bekämpfung nötig werden: Seit Ende 2019 besteht für Minecto One eine Zulassung gegen Möhrenfliege in Möhre (2x1,875g/Ar, Wartezeit: 7 Tage). In Wurzelgemüse (wozu Wurzelpetersilie, Pastinake und Knollensellerie zählen) ist das Mittel gegen freifressende Schmetterlingsraupen zugelassen.
Wo zum Schutz eine Netzauflage (1,4mm) geplant ist, sollte diese möglichst bald durchgeführt werden. Durch die erste Generation der Möhrenfliege entsteht zwar meist wenig Schaden. Aber die Netzauflage verhindert, dass sie sich auf der Fläche ansiedelt und vermehrt. Das ist wichtig im Hinblick auf spätere Sätze, die in der Umgebung der Frühmöhren gesät werden sollen. Auch andere Doldenblütler (Koriander, Petersilie, Kümmel, Fenchel, Sellerie…) dienen der Möhrenfliege als „Trittsteine“, um den zeitlichen und räumlichen Abstand zu Lagermöhren und Pastinaken zu überbrücken und sollten entsprechend vor Zuflug bzw. Befall geschützt werden.
Kohlfliege: Die Eiablage der Kohlfliege geht auf geringem Niveau weiter. Die Jungpflanzenbehandlung mit Verimark oder SpinTor wirkt etwa 3 Wochen. Feldbestände können mit z.B. Coragen (in Blumenkohle, Kopfkohl), SpinTor (alle Kohlarten) oder Minecto One (Blumen- und Kopfkohle gegen Raupen mit 2 Anwendungen mit 1,875g/Ar; Wartezeit: 3 Tage) behandelt werden. Vier Wochen alte Pflanzungen sind i.d.R. nicht mehr durch Kohlfliege gefährdet. Rettich / Radies können am besten mit Netz geschützt werden.
Kohlerdflöhe: Die Kohlerdflöhe werden jeden Tag mehr. Die beste Wirkung hat eine Netzauflage (0,8 mm), danach folgen mit weitem Ab-stand Coragen (Kopfkohl, Blumenkohle), Minecto One (Kopf- und Blumenkohle; 2x1,875g/Ar, Wartezeit: 3 Tage) bzw. Verimark (Notfallzulassung in Jungpflanzen von Kopf- und Blumenkohle; 1x15ml/1000 Pflanzen gießen), SpinTor, Calypso, Mospilan SG. Pyrethroide (z.B. Bulldock, Fastac ME, Karate Zeon, Mavrik Vita) versagen zumindest bei hohen Temperaturen. Möglicherweise gibt es auch schon Resistenzen bei den Erdflöhen.
Blattläuse: Es herrscht immer noch starker Druck durch verschiedene Blattlausarten. Immer mehr Ansiedlungen von Gurkenlaus sind im Freiland und Gewächshaus zu finden. Die Kolonien der Schwarzen Bohnenlaus wachsen, und den Nützlingen war es bisher noch zu kühl. Die Zuwanderung der Johannisbeer-Salatlaus (Nasonovia ribisnigri) in Salate hat begonnen. Nach dem Regen der vergangenen Tage müssen Kontrollen und ggf. Behandlungen in Salat stattfinden. Movento OD 150 und Pirimor Granulat wirken auch gegen die in manchen Salatbeständen sehr zahlreich vorhandenen Kartoffelläuse.