Winterraps – Lektüre für’s Wochenende: Das gesamte Programm auf dem Weg zum Erfolg…
Wichtige Informationen aus dem Landkreis Ravensburg vom 01.09.2023
„Kaum ist die Rapsernte eingefahren, geht die neue Saison mit der Saatbettbereitung und Aussaat schon wieder los,“ so der renommierte Pflanzenschutz- und Anbauexperte M. Kreh vom Amt in Ravensburg – „und der Erfolg ist planbar.“ Wenige Betriebe haben den Raps vor der den Regentagen schon gesät, bei den meisten Flächen steht die Aussaat und die Herbizidmaßnahmen noch bevor. Somit werden dieses Jahr eher weniger früh gesäte Bestände vorzufinden sein. Aus Sicht des versierten Beraters aus dem Landkreis Ravensburg wird dies in der Regel Dank der heutigen Sortengenetik und den später beginnenden Wintern kein Problem darstellen.
Beim Thema Saatbettbereitung und Aussaat gilt weiterhin: Qualität geht vor Zeitpunkt! Ein zügiger und gleichmäßiger Feldaufgang sorgt für höhere Erträge und auch für eine bessere Terminierung der Pflanzenschutzmaßnahmen.
Sorten mit früher Stängelstreckung im Herbst eignen sich auch für Spätsaaten (z.B. Ambassador, Picard, Ernesto KWS, PT 302, ...) Früher zu säende Sorten mit verhaltener Herbstentwicklung sind z.B. LG Activus, LG Adonis, Smaragd, Ivo KWS, ...) Frühreife Sorten sind eher durch Spätfröste gefährdet, schließen die Kornfüllung aber oftmals vor Hitzeperioden ab und können dann aber eventuell später aufkommende Niederschläge nicht mehr nutzen.
Beim Thema Saatbettbereitung und Aussaat gilt weiterhin: Qualität geht vor Zeitpunkt! Ein zügiger und gleichmäßiger Feldaufgang sorgt für höhere Erträge und auch für eine bessere Terminierung der Pflanzenschutzmaßnahmen. Raps bedankt sich für eine bis zu 25 cm tiefe, intensive Lockerung (auch ohne Pflug) zur Stroheinmischung der Getreidevorfrucht, trotzdem eine gute Rückverfestigung und ein feinkrümeliges und abgesetztes Saatbett. Die Lockerung sorgt für eine gute Nährstoffmobilisierung, bei begrenzter erlaubter Düngung, das Walzen nach der Saat kann noch positive Effekte für ́s Saatbett bringen. Störend sind hierbei Verdichtungshorizonte oder untergepflügte Strohmatten, die faulen und nicht ordentlich verrotten können. Passen Sie die Bearbeitungstiefe an die Bodenverhältnisse an, bei trockenen Bedingungen eher flacher, bei feuchten Bedingungen eher intensiver und tiefer.
Förderlich ist für einen guten Feldaufgang und gutes Wachstum ist eine Düngung mit Kalk und/oder Kalkstickstoff. Dieser kann auch die Thematik der Ackerschnecken und Kohlhernie reduzieren. Beachten Sie bei der Aussaat, dass hohe Bodentemperaturen über 35°C und ein trockener Saathorizont zu stark verlangsamter Keimung führt und schlechterem Feldaufgang führt. Hier gilt es die Aussaat nach hinten zu schieben, oder auch etwas tiefer zu säen. Bei optimalen Bedingungen liegt die Saattiefe bei 2-3cm. Bei Spätsaat, Feuchte oder schwerem Boden etwas flacher, bei Frühsaat, Trockenheit und Sandboden etwas tiefer (3-4). Das Ziel sind Bestände von 30-40 Pflanzen/m²; 8-10 gesunde Laubblätter pro Pflanze vor Winter und eine gut entwickelte Pfahlwurzel mit min. 1cm Durchmesser. Die Wurzel macht den Ertrag! Bei den Saatgutbeizen ist zumeist standardmäßig Scenic Gold aufgetragen, sie wirkt gegen Auflaufkrankheiten und Falschen Mehltau und Mehltau. Je nach Züchter/Vertrieb sind noch insektizide Beizen mit dabei, so z.B. Buteo Start oder Lumiposa. Buteo Start erreicht eine Teilwirkung gegen den Rapserdfloh, kann aber zumeist eine Insektizidbehandlung im Nachauflauf nicht ersetzen. Lumiposa hat eine Wirkung gegen die Kleine Kohlfliege, die zumeist bei uns keine große Bedeutung hat, gegen den Erdfloh ist die Wirkung nur unzureichend. Bei ungünstigen Bedingungen können noch Beizen helfen, die aus Mikroorganismen und Spurenelementen bestehen, das Wurzelwachstum zu fördern und Nährstoffe zu mobilisieren.
Die Aktivität der Rapserdflöhe kann ab dem Auflaufen des Rapses zuerst anhand von aufgestellten Gelbschalen kontrolliert werden. In diese hüpfen die Käfer zufällig hinein, die Schwelle liegt hierbei bei 50 Käfern pro Schale in 3 Wochen im 4-6-Blatt-Stadium. Die Schalen sind am besten etwas in den Boden einzugraben. Der Druck der Erdflöhe kommt zumeist von Altraps-Flächen her. Später, bis zum 4-Blatt-Stadium, ist der Lochfraß der Käfer leicht an den Keim- und Laubblätter erkennbar. Hier liegt der Bekämpfungsrichtwert bei 10% zerstörter Blattfläche. Der eigentliche Schaden entsteht durch den Fraß der Larven an den Blattachseln und Stängeln. Hier liegt der Bekämpfungsrichtwert bei 3 bis 5 Larven pro Pflanze, je nach dem ob der Bestand schwach oder wüchsig ist. In beiden Fällen gilt: Kontrollieren Sie Ihre Fallen regelmäßig und engmaschig! Zu frühzeitige und oder gehäufte Behandlungen verschärfen die Resistenzproblematik der eingesetzten Pyrethroide. Wenn Behandlungen gesetzt werden müssen, sind diese am wirkungsvollsten in den Abend-/Nachtstunden. Dieses Jahr im Herbst werden wir Proben von Erdflöhen ziehen und diese untersuchen lassen, ob sie bereits Resistenzen gegenüber Insektiziden aufweisen.
Zur Bekämpfung der Rapserdflöhe hat das BVL für die beiden Insektizide Minecto Gold und Exirel eine Notfallzulassung erteilt. Sie dauert vom 15. August bis zum 11. Dezember und erlaubt eine einmalige Anwendung dieser Produkte mit dem Wirkstoff Cyantriliprole. Dieser gilt als Resistenzbrecher mit teilsystemischer Wirkung, wird in Blatt und Stängel verteilt und wirkt bei stärkerem Befall gegen die fressenden Larven und die adulten Käfer des Erdflohs. Der Einsatz darf nur nach Überschreiten der Bekämpfungsrichtwerte eingesetzt werden! Der beste Zeitpunkt ist nach dem Schlupf der Larven. Dieser Wirkstoff darf nur einmal im Kalenderjahr ausgebracht werden. Wurde zuvor Lumiposa (ebenfalls Cyantriliprole) gebeiztes Saatgut ausgesät gilt dies nicht als Anwendung.
Weitere Informationen zu den zugelassenen Insektiziden erhalten Sie in der Broschüre „Integrierter Pflanzenschutz 2023, auf Seite 84 Bis zum 4-Blatt-Stadium sind die Rapspflanzen von den Schnecken besonders bedroht.
Nutzen Sie Folien, Säcke, Bretter o.ä. an mehreren Stellen im Schlag um die Schnecken zu kontrollieren. Die Bekämpfungsschwelle beträgt hierbei eine Schnecke pro Kontrollstelle. Eine integrierte Maßnahme um die Schnecken zu begrenzen ist die bereits angesprochene Saatbett-Rückverfestigung oder das Walzen nach der Saat. Zur chemischen Bekämpfung stehen zwei Wirkstoffe zur Verfügung, Eisen-III-phosphat und Metaldehyd. Eisen-III-phosphat ist nützlingsschonender und auch im Ökolandbau zugelassen. Achten Sie bei der Ausbringung auf eine ausreichend hohe Körnerdichte, die Lockwirkung auf die Schnecken ist nur auf wenige Zentimeter begrenzt. Die Anwendungsbestimmung der Produkte besagt, dass ein Eintrag in angrenzende Flächen (Wegränder, Landschaftselemente, ...) vermieden werden muss.
Achtung: Ausbringstreuer benötigen die Prüfplakette Pflanzenschutz! Liegen die zu behandelnden Flächen in Schutzgebieten, so denken Sie bitte daran die Dokumentationsvorgaben nach IPSplus einzuhalten. Hier sind Sie bei Grundsatz A2.2 verpflichtet die Überwachung des Erdflohs durchzuführen und die Ergebnisse zu dokumentieren, bei A3.2 ist näheres zu den Acker-Schnecken beschrieben. Zum Aufschreiben existiert das Formblatt „Rapsschädlinge Dokumentation der Überwachungsmaßnahmen.“
Bei der Unkrautbekämpfung ergeben sich keine großen Änderungen im Vergleich zum Vorjahr. Die Behandlungen werden je nach Produkt im Vorauflauf oder im frühen Nachauflauf gesetzt. Für eine gute Wirkung der bodenwirksamen Wirkstoffe ist wie bereits oben beschrieben ein abgesetztes, feinkrümeliges Saatbett und zusätzlich eine ausreichende Bodenfeuchte erforderlich.
Die Auswahl der Wirkstoffe und Produkte sollte spezifisch am vorkommenden bekannten Unkrautspektrum bzw. an den Leitunkräutern festgemacht werden. Größtenteils werden Behandlungen mit dem Wirkstoff Metazachlor stattfinden, dieser ist gerade beim Thema Ackerfuchsschwanz zum frühen Stadium die erste Wahl, hier besteht immerhin eine befriedigende Teilwirkung. Bei Starkniederschlägen nach der Applikation führt zu Stress beim jungen Raps, er ist kurzzeitig in der Entwicklung gehemmt, und kann dann dem Blattfraß des Erdflohs nicht davonwachsen. Bei dieser Applikation von Metazachlor ist ein hoher Wirkungsgrad Pflicht, um Druck von den blattaktiven Herbiziden im Nachauflauf (-dim, -fop) zu nehmen. Diese wiederum sind stark resistenzgefährdet. Metazachlor ist enthalten in den Produkten Butisan Top, - Gold, und -Kombi, Fuego und Fuego Top. Butisan Gold bietet durch die drei enthaltenen Wirkstoffe eine breite Abdeckung, (auch gegen Klettenlabkraut und Storchschnabel), ist allerdings nicht ganz günstig im Preis. Im frühen Nachauflauf stellt die Mischung aus Fuego und Runway eine günstigere Alternative. Runway deckt die Lücken von Fuego bei Kamille, Kornblume und Mohn gut ab. Beim Einsatz von Metazachlor kommt erschwerend hinzu, dass von diesem Wirkstoff vermehrt Abbauprodukte im Grundwasser gefunden werden. Aus diesem Grunde wird vorsorglich empfohlen (siehe auch IP-Broschüre) den Einsatz auf 500g Wirkstoff pro Hektar zu begrenzen. Die zugelassenen Höchstmengen liegen darüber. Fehlt bei der gewünschten Vorauflaufanwendung die nötige Bodenfeuchte, muss auf die blattaktive Nachauflaufbehandlung mit anderen Wirkstoffen und Produkten ausgewichen. Vorteil hierbei ist, dass gezielt auf die auflaufenden Arten reagiert werden kann, der Rapsbestand sich schon etabliert hat und eine sichere Wirkung auch bei trockenen Bedingungen eintritt. Hier kommt das Produkt Belkar in EC12-14 mit 0,25 l/ha + Synero 0,25 l/ha zum Einsatz. In EC16 folgt die Nachlage mit Belkar 0,25 l/ha. Zwischen den Anwendungen müssen 14 Tage Abstand sein. Hierbei werden Hellerkraut und Hirtentäschel gut erfasst. Diese Belkar-Spritzfolge ist schonender als die angesprochenen Vorauflaufbehandlungen, sie sind aber auf Ackerfuchsschwanz-Standorten nicht geeignet. Zum passenden Termin einer KerbFlo Behandlung zur Vegetatonsruhe wäre der Fuchsschwanz dann schon zu weit entwickelt. So gesehen passt die Belkar-Strategie nicht für Frühsaat-Termine. Beim Belkar-Einsatz gibt es einige Punkte bezüglich der Mischbarkeit mit anderen Produkten zu beachten: bei der ersten Belkar-Anwendung können die Gräserpartner Select 240, Focus Ultra und Panarex gegen Ausfallgetreide zugemischt werden. Bei der zweiten Belkar-Behandlung können dann die Fungizide Tilmor, Orius und Folicur zur Winterfestigkeit/Wuchsregulierung beigemischt werden. Nicht zugelassen ist ein gemeinsamer oder absetziger Einsatz von Metconazol-haltigen Produkten wie Carax und Efilor. Die Zumischung eines Insektizids und von Bor-Blattdüngern zu Belkar ist immer möglich.
Um die schwer bekämpfbaren Arten wie Ackerhellerkraut, Hirtentäschel oder die Rauke-Arten zu bekämpfen, steht der Wirkstoff Clomazone zur Verfügung. Die Anwendung von Produkten mit diesem Wirkstoff kann trotzdem nicht angeraten werden, hier sind in kleinstrukturierten Regionen mit vielen Saumstrukturen die Auflagen/Anwendungs-bestimmungen (NT-Auflagen) bei der Ausbringung zu hoch. Weitere Informationen zu den Herbiziden finden Sie in der Broschüre „Integrierter Pflanzenschutz 2023“ ab Seite 80.
Auch beim Einsatz der Herbizide gilt: Liegen die Flächen in Schutzgebieten, so denken Sie bitte daran die Dokumentationsvorgaben nach IPSplus einzuhalten. Hier sind Sie bei Grundsatz A8.1 verpflichtet ein Spritzfenster zur Beurteilung der Behandlungsnotwendigkeit anzulegen. Pro Bewirtschaftungseinheit muss ein Fenster auf einem homogenen Teil des Feldes und nicht am Vorgewende sein, welches mittels Stäben, Pfählen, etc. markiert wird. Es muss mindesten 10m lang sein, und in der Breite mindestens 2 Teilbreiten des Spritzbalkens bemessen. Bei Vorkommen von resistenten Unkräutern/Ungräsern oder bei massiver Verunkrautung darf auf die Anlage des Fensters verzichtet werden. Ferner ist eine exakte Überwachung des Erdflohs durchzuführen und die Ergebnisse zu dokumentieren, bei A3.2 ist näheres zu den Acker-Schnecken beschrieben. Zum Aufschreiben existiert das Formblatt „Rapsschädlinge Dokumentation der Überwachungsmaßnahmen“.