Winterweizen – Abschlussbehandlung steht an
Wichtige Informationen aus dem Landkreis Ravensburg vom 10.06.2024
„Die frühen Winterweizenbestände haben befinden sich in der Blüte, oder sogar bereits Richtung Blühende (BBCH 65-69),“ so M. Kreh, versierter Pflanzenschutzberater im Landwirtschaftsamt Ravensburg. „Spätere Weizen haben nun auch die Ähren zu Hälfte geschoben (BBCH 55) und gehen dann alsbald in die Blüte über.“
Überwiegend sind die behandelten Bestände was Septoria anbelangt noch relativ gesund auf den obersten drei Blättern, aber es sind auch gewisse Unterschiede der Sorten untereinander erkennbar. In einem Einzelfall wurde Gelbrost bis hoch zum Fahnenblatt entdeckt, in unseren Lagen ein eher selteneres Geschehen. Grundlegend präsentieren sich die behandelten Weizenbestände trotz der sehr feuchten Bedingungen der letzten Wochen in einem gesunden Zustand.
Bedingt dadurch, dass die Witterung der letzten Tage und auch noch der kommenden Tage gilt es die Fusarium-Gefahr, im Gegensatz zum letzten Jahr, wieder genauer im Auge zu haben und abzuschätzen, ob eine Ährenbehandlung angebracht ist. Fusariumbefall wirkt sich allgemein nicht nur auf den Ertrag, sondern vor allem auf die Qualität aus. Erst aktuell wurden die Grenzwerte für DON-Belastung (Mykotoxine) bei der Vermarktung von 1,25mg/kg auf 1,0mg/kg abgesenkt. Somit sind gewisse Partien, die im letzten Jahr noch so an der Gosse angenommen wurden, dieses Jahr evtl. nicht mehr vermarktungsfähig.
Fusarium-Infektionen entstehen aus alten Stoppelrückständen der Vorkultur. Die Sporen gelangen mit dem Wind in die Weizenähre und können dort Einzelährchen infizieren. Die Symptome sind dann aber erst zwei bis drei Wochen nach der Infektion durch vorzeitiges Ausbleichen der einzelnen Ährchen sichtbar. Wenn der Erreger bis zur Ährenspindel dringt, wird die Nährstoffzufuhr des darüberliegenden Ährenteiles unterbrochen, dies wiederum führt zum Ausbleichen und Schmachtkornausbildung. Von da her kommt der deutsche Begriff partielle Taubährigkeit oder Weißährigkeit. Durch eine reduzierte Bodenbearbeitung vor der Saat sind von Grund auf mehr infektiöses Material auf der Bodenoberfläche vorhanden, welches dann leichter sporulieren kann.
Förderlich für eine Infektion sind die aktuellen Bedingungen bzw. die der kommenden Tage: Stadium der Hauptblüte (Staubbeutel beginnend im mittleren Bereich der Ähre zu erkennen) und passende Witterungsbedingungen (anhaltende Nässe mit Temperaturen über 15°C). Sollte es wider Erwarten doch trockener und niederschlagfreier werden, so ist das Risiko für Fusarium-Infektionen geringer.
Für die Risikoabschätzung sind zudem noch die (Stoppelreste der) Vorfrucht und die Weizensorte ausschlaggebend. Mais, Zuckerrübe und Getreide haben als Vorkultur ein hohes Gefährdungspotential, Raps oder Sonnenblumen ein geringes. Bitte beachten Sie die Einstufung Ihrer angebauten Weizensorte laut Bundessortenamt.
Wenn Sie für sich anhand der Risikobeurteilung entschieden haben, dass eine Ährenbehandlung vonnöten ist, dann können wir die Applikation von Produkten mit den Wirkstoffen Prothioconazol, Tebuconazol, Metconazol, Bromuconazol und Difeconazol. Im Sinne des Resistenzmanagements der Azole ist es hier vorteilhaft auf das wahrscheinlich schon eingesetzte Prothioconazol zu verzichten und die anderen Azole einzusetzen. Gerade Abreifekrankheiten und Schwärzepilze werden von Difeconazol gut erfasst. Carboxamide und Strobilurine haben hier keine nennenswerte Wirkung.
Der zielgerichtete Fungizideinsatz darf maximal 2 Tage vor Niederschlägen und max. 2 Tage danach während der Haupt-Blüte durchgeführt werden. Dieses enge Zeitfenster gilt es für eine ausschlaggebende Wirkung exakt zu treffen, was sicherlich nicht ganz einfach ist. Hierbei bitte unbedingt die volle zugelassene Aufwandmenge der Produkte zur Anwendung kommen. Je nachdem wie gut die Anwendungsbedingungen getroffen werden schwankt der Wirkungsgrad laut Untersuchungen zwischen 50 und 80%.
Praxistipps: Getreidehähnchen wurden heute immer noch in den Beständen gesichtet und sollten weiterhin beobachtet werden. Unseren Erkenntnissen nach hat der Befallsdruck ein wenig nachgelassen und ist nicht mehr so hoch wie vor zwei Wochen.
In Schutzgebieten nach IPSplus muss bei von Ihnen festgestellten Überschreitungen der Bekämpfungsrichtwerte Rücksprache mit uns gehalten werden, bevor Insektizid-Einsätze durchgeführt werden! Bekämpfungsrichtwert: 20% geschädigte Blattfläche auf den obersten drei Blättern oder ein Ei bzw. eine Larve je Halm. Diese Bekämpfungsrichtwerte sind nach jetzigem Kenntnisstand noch nicht überschritten!