Ackerbau – Pulver nicht zu früh verschießen
Wichtige Informationen des LTZ Augustenberg vom 05.04.2024
In der Praxis wird momentan der baldige Einsatz von Pflanzenschutzmitteln kontrovers diskutiert. Während die Beratung dazu steht, dass derzeit nur behandelt werden muss wenn’s wirklich unbedingt notwendig ist, steht der zielstrebige Pflanzenschützer zu der Entscheidung jetzt ist der richtige Zeitpunkt um zu behandeln. „Und wenn Wachstumsregler eingesetzt werden kann ja auch gleich ein Fungizid mitausgebracht werden.…“ Davon sind wir aber komplett weg! Es gibt Fälle da ist es wirklich notwendig und es gibt eben auch Fälle wo die Behandlung zum jetzigen Zeitpunkt völlig unsinnig ist.
Viele Pflanzenschutzkollegen und Kolleginnen bei den Landwirtschaftsämtern bringen die Sache in ihren Warndiensten gemeinsam auf den Punkt:
In Wintergerste sollte über eine Fungizidbehandlung erst nachgedacht werden, wenn sich die Symptome bereits auf den oberen zwei Blättern zeigen. Ist dies nicht der Fall kann die Behandlung noch hinausgeschoben werden.
Die Winterweizenbestände in Baden-Württemberg zeigen sich größten Teils gesund. Weder Mehltaubefall noch Gelbrost ist zu finden. Im Gegensatz dazu ist fast überall auf den untersten Blattetagen Septoria tritici zu finden die sich derzeit dort auch hält. Septoria-Läsionen im unteren Blattbereich haben nachweislich keine ertragsrelevanten Auswirkungen. In Fachkreisen gilt ein Fungizideinsatz vor BBCH 32 gar als komplett unwirtschaftlich. Wichtig ist, dass die Septoria im Laufe der Vegetation nicht auf der Pflanze nach oben wandert. Damit dies aber auch tatsächlich geschieht braucht es eine lange Blattnässedauer (48 Stunden) und mehr als 10 mm Niederschlag an zwei aufeinanderfolgenden Tagen. Diese Bedingungen haben wir gerade nicht. Zur Risikoabschätzung haben wir aber ein schönes Prognosemodell, das allen nach der Anmeldung im System kostenfrei zur Verfügung steht und die zu treffende Entscheidung mit einer klaren Aussage für oder gegen die Maßnahme stützt: https://www.isip.de/isip/servlet/isip-de/entscheidungshilfen/getreide/winterweizen/septoria.
Anders ist der Einsatz von Wachstumsreglern zu bewerten. Hier gilt: Zeitig gesäte Getreidebestände, insbesondere Wintergerste, befinden sich überregional bereits im BBCH Stadium 31 oder 32. Ist ein Wachstumsreglereinsatz aufgrund der Standortvoraussetzungen geplant, kann dieser bei warmen Wetter am kommenden Wochenende durchgeführt werden. Insgesamt betrachtet gelten beim Halmbruch - der derzeit in aller Munde ist - ganz besondere Bedingungen. Im Vordergrund der notwendigen Behandlungsentscheidung steht das Wissen um das standortspezifische Risiko im Blick zu haben. Und, wenn Sie dabei nicht weiterkommen in Ihrer Entscheidung, nutzen Sie die Prognosesysteme auf www.isip.de. Dort liefern spezielle Halmbruchprognosesysteme nach Eingabe weniger Parameter wichtige Entscheidungshilfen zur tatsächlichen Notwendigkeit zur Durchführung von spezifischen Maßnahmen. Sie zeigen aber auch, ob auf eine Behandlung gänzlich verzichtet werden kann.
Für Winterweizen ist das System abrufbar unter: https://www.isip.de/isip/servlet/isip-de/entscheidungshilfen/getreide/winterweizen/halmbruch. Die Halmbruchprognose für Winterroggen läuft unter: https://www.isip.de/isip/servlet/isip-de/entscheidungshilfen/getreide/winterroggen/halmbruch. Für Triticale ist die Prognose kostenfrei nutzbar unter: https://www.isip.de/isip/servlet/isip-de/entscheidungshilfen/getreide/triticale/halmbruch.
Praxistipps: Selbst, wenn über das Wochenende warme und sonnige Tage erwartet werden die auch Entwicklung der Kulturen zügig vorantreibt, sollte man um die meist unerkannte Chance wissen, dass bei dieser Witterung die Pflanzen den Krankheiten davon wachsen.
Lassen Sie sich nicht also aus der Ruhe bringen. Folgen Sie Ihrem Instinkt und lassen Sie sich durch die einschlägigen Prognosesysteme unterstützen. Sie werden sehen das hilft. Das Non-Plus-Ultra in einem guten Ackerbau ist: Gehen Sie in Ihre Bestände und kontrollieren die Situation vor Ort, nehmen Sie die Standortvoraussetzungen kritisch ins Visier. Die eigene Begehung der Felder ist von nahezu unschätzbarer Wichtigkeit und damit die wichtigste Maßnahme nicht nur um damit Geld zu sparen, sondern um seine Flächen gezielt integriert und dauerhaft in Schuss zu halten.
Eine jetzige Behandlung ist mit Sicherheit in mindestens 75% der Fälle zu früh – die Anzahl der Anwendungen wird damit – bei vergleichbar geringem Nutzen - unnötigerweise erhöht.