Beratungsmodul Grünlandtemperatursumme (GTS)
Prognose des Vegetationsbeginns - Hinweise zum praxisgerechten Einsatz
Das Beratungsmodul ist eine Hilfestellung bei der Festlegung des ersten Düngetermins, primär auf Grünland im Frühjahr. Die Anwendung für bestimmte Ackerkulturen wird vor dem Hintergrund des Gewässerschutzes diskutiert.
Basis ist eine Prognose des Vegetationsbeginns über das Temperatursummenmodell von Ernst&Loeper, das in der Agrarmeteorologie für die gemäßigten Klimaräume angewendet wird. Dabei werden ab Jahresbeginn alle positiven Tagesmitteltemperaturen erfasst, im Januar mit dem Faktor 0,5 und im Februar mit dem Faktor 0,75 multipliziert. Ab März geht dann der "volle" Tageswert (Faktor 1) in die Berechnung ein (Kumulierte korrigierte Grünlandtemperatursumme). Der Vegetationsbeginn gilt als erreicht, wenn die Summe der Tagesmitteltemperaturen den Wert 200 erreicht.
In die Berechnung fließen regional-spezifische Wetterprognosen, derzeit für einen Prognosezeitraum von 3 Tagen ein.
Angepasste N-Frühjahrsdüngung
Eine Düngung weit vor dem Beginn der Vegetationsperiode hat nicht nur negative Folgen in Bezug auf die Effizienz des eingesetzten Düngers. Auch auf den Zustand unserer Gewässer und des Grundwassers wirken sich zu frühe N-Düngergaben in zweifacher Hinsicht negativ aus:
- Bei fehlender oder nur geringer Nährstoffaufnahme kommt es bei Niederschlägen zu Verlagerungen der Düngerstoffe in tiefere Bodenschichten, sodass diese später nicht mehr für die Pflanze verfügbar sind und ausgewaschen werden können. Dies gilt besonders für mittlere und leichte Böden.
- In Einzugsgebieten, insbesondere von Karst- und Oberflächengewässern (Talsperren) können bei nicht sachgerechter Ausbringung von Wirtschaftsdüngern mikrobiologische Verunreinigungen der Gewässer, z. B. über Abtrag von geneigten Flächen erfolgen.
Auch die Düngeverordnung 2020 äußert sich zu diesem Thema im § 3(1):
„Aufbringungszeitpunkt und -menge sind bei den in Satz 1 genannten Stoffen (Anm.: Düngemitteln, Bodenhilfsstoffen, Kultursubstraten und Pflanzenhilfsmitteln) so zu wählen, dass verfügbare oder verfügbar werdende Nährstoffe den Pflanzen zeitgerecht in einer dem Nährstoffbedarf der Pflanzen entsprechenden Menge zur Verfügung stehen und Einträge in oberirdische Gewässer und das Grundwasser vermieden werden.“
Daraus resultiert, dass Düngemittel möglichst nah am Vegetationsbeginn ausgebracht werden sollten.
Praxisgerechte Anwendung des Moduls
Start
Nach dem Starten der Anwendung erscheint eine Karte von Deutschland. Zum Anzeigen von Details kann man in die Karte zoomen und Luftbilder aktivieren.
Ampelprinzip
Es erscheinen über das Land verteilt quadratische Symbole, deren Farben den Fortschritt des Vegetationsbeginns nach dem Ampelprinzip signalisieren. Hinter jedem Symbol verbirgt sich eine Wetterstation. Die Bedeutung der Symbole im Einzelnen:
- rot: Der Vegetationsbeginn wird innerhalb der nächsten 10 Tage nicht erreicht. Die Prognose der Temperatursumme liegt unterhalb des Wertes 170. Keine Düngeempfehlung.
- gelb: Die Prognose für die Temperatursumme liegt zwischen 170 und 200. Düngemaßnahmen können durchgeführt werden, wenn die Witterung und die Bodenbedingungen dies zulassen.
- grün: Der Vegetationsbeginn steht unmittelbar bevor oder ist erreicht. Die Prognosewerte für die Temperatursumme erreichen oder überschreiten den Wert 200.
Nach dem Klick in die Karte erscheint eine Tabelle, die Daten zu den Wetterstationen des gewählten Gebiets enthält: Stationsname, Geographische Lage, Höhe über NN, aktuell berechnete Temperatursumme (grüner Balken), 3-Tages-Prognosewert (blauer Balken).
Nach Anklicken eines Stationsnamens erhält der Anwender Detailinformationen zum Temperaturverlauf, Niederschlägen und der Luftfeuchte. Diese Hilfsgrößen dienen der Abschätzung der Befahrbarkeit von Acker- und Grünlandflächen.
Prognosewert 170: Vorbereitung und Start der Düngemaßnahmen
Die Stationssymbole in der Karte wechseln im Verlauf der Frühjahrserwärmung ihre Farbe. Bei prognostizierten Temperatursummen von 170 schaltet das Modell von „Rot“ auf „Gelb“ um.
Die Differenz von 30 Temperatursummenzählern zum Zielwert 200 entspricht ca. 6 Tagen mit einer durchschnittlichen Tagesmitteltemperatur von 5°C. Dieser Wert wird normalerweise im Übergang zwischen Winterruhe und Vegetationsbeginn nachhaltig über einen Zeitraum von mehreren Tagen erreicht bzw. überschritten. Er dient hier quasi als Zeitpuffer, der eine sachgerechte Düngerapplikation ermöglichen soll. Hinzu kommt die Prognose selbst, die die regionalen Temperaturen für einen Zeitraum von 3 Tagen berücksichtigt. Insgesamt stehen dem Landwirt rein rechnerisch durchschnittlich 9 Tage Vorlaufzeit für eine gezielte Applikation der Dünger zur Verfügung. Eine tägliche Beobachtung der Werteentwicklung wird daher ab einer prognostizierten Temperatursumme von ca. 150 empfohlen.
Modifikationen
Eine absolute Vegetationsruhe ist eher die Ausnahme. Die Erfahrungen aus der Praxis belegen, dass einige Kulturpflanzen schon vor dem nachhaltigen Vegetationsbeginn einen höheren N-Bedarf aufweisen, als durch den Boden nachgeliefert werden kann (z. B. Winterraps). Kulturspezifische Empfehlungen zur praxisgerechten Modifizierung der Temperatursumme bei einzelnen Ackerkulturen liegen allerdings nicht vor.
Auch beim Einsatz von Nitrifikationshemmern sind Modifikationen für den Prognosewert grundsätzlich möglich. Ein kulturspezifischer Prognosewert kann jedoch nicht vorgeschlagen werden, weil die Wirkung von Nitrifikationshemmern auch von deren Dosierung und den jeweiligen Düngern abhängig ist.
Zu den hier angesprochenen Fragestellungen können z. B. in Wasserschutzkooperationen, in denen problematische naturräumliche Bedingungen vorherrschen (z. B. sehr leichte Böden) praxisorientierte Modifizierungen der Methode durch Anpassung der Temperatursummen für einzelne Kulturen getestet werden.
Eine Modifikation des Prognosewertes kann grundsätzlich nur für Flächen gelten, bei denen eine oberflächliche Verlagerung durch Abschwemmung nicht zu erwarten ist und mikrobiologische Verunreinigungen keine Rolle spielen. Dies schließt eine Modifizierung der Prognosewerte in Karstbereichen und Einzugsgebieten von Talsperren grundsätzlich aus.